Der schriftliche Nachlass Fritz Löfflers: Netzwerke der Bildenden Kunst

Vortrag zur Veranstaltung „Das alte Dresden heute – Fritz Löffler und die Denkmalpflege“, 4. März 2025

Von Thomas Stern

Fast 200 Nachlässe und Sammlungen des Gesamtbestandes von etwa 500 Personen- und Familienarchiven der Sächsischen Landesbibliothek – Staats-  und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) stammen mittlerweile von Künstlerinnen und Künstlern, Galerien oder Protagonisten der Kunstvermittlung. Neben so prominenten Namen wie Werner Schmidt, von 1959 bis 1989 Direktor des Dresdner Kupferstichkabinetts und anschließend Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), Ernst Hassebrauk, dem Dresdner Maler, dem es gelang mit seinen farbenfrohen Bildern die Lebensfülle barocker Malerei und die Feinsinnigkeit des Rokoko in die Malerei des 20. Jahrhunderts zu übertragen oder dem Fotografen Christian Borchert, einer der bedeutendsten deutschen Fotografen des ausgehenden 20. Jahrhunderts, kam auch der Nachlass des Kunsthistorikers Fritz Löffler (Abb. 1) in seinem Todesjahr 1988 als Vermächtnis in die damalige Sächsische Landesbibliothek (SLB). Bereits ein Jahr zuvor übergab Löffler gemeinsam mit Joachim Heuer den Nachlass des Dresdner Kunsthistorikers Wolfgang Balzer, der nach seiner Zeit als Direktor des Kunstgewerbemuseums von 1946 bis 1951 bis zu seiner Pensionierung die Direktion der SKD innehatte, ebenfalls der SLB.

Abb. 1: Der Kunsthistoriker Dr. Fritz Löffler am Schreibtisch in seiner Wohnung, 1979/81 (Deutsche Fotothek/Martin Würker, Lizenz: Rechte vorbehalten ­– Freier Zugang)

Als staatlicher Sammelschwerpunkt für Bildende Kunst übernahm die Sächsische Landesbibliothek als Vorgängerinstitution der SLUB bereits ab 1966 die Aufgabe der Publikation der Bibliographie Bildende Kunst und begann ab 1982 mit der Sammlung von originalgrafischen Büchern. Ein Jahr später wurde die Landesbibliothek schließlich auch Zentrale Fachbibliothek für Bildende Kunst und Musik der DDR und baute systematisch Kontakte zu Künstlerinnen und Künstlern, Galerien und kunstvermittelnden Personen in der DDR auf. In diesem Zusammenhang begann man ab Ende der 1980er Jahre diese Verbindungen zu nutzen, um einen Ort der Sammlung von Beständen mit Zusammenhang zur Bildenden Kunst zu etablieren. Diese Nachlässe, Vorlässe und Sammlungen stellen eine wichtige Quelle für die Wissenschaft dar und bieten Informationen zum Leben der Nachlasserinnen und Nachlasser, deren Familie oder deren (Lebens-)Werk. Sie werden von Gedächtnisinstitutionen wie Bibliotheken, Archiven und Museen oder in den angeschlossenen Archiven von Kunst oder Wissenschaft fördernden Institutionen, wie beispielsweise der Sächsischen Akademie der Künste, bewahrt. Dort werden sie geordnet, erschlossen und der Wissenschaft zugänglich gemacht. Die SLUB bewahrt in ihren Sammlungsabteilungen – der Musikabteilung, der Deutschen Fotothek und der Abteilung Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde – Nachlässe und thematisch angelegte Sammlungen von Musikern, Künstlern, Literaten, Wissenschaftlern und auch von bedeutenden Köchen und Sammlern im Deutschen Archiv der Kulinarik als Gemeinschaftsprojekt der TU Dresden und der SLUB Dresden.

Der Nachlass von Fritz Löffler umfasst insgesamt über 8000 Dokumente, die in über 60 Archivkartons aufbewahrt werden. Die Unterlagen sind in Kalliope, der Verbunddatenbank für Nachlässe und Autographe erschlossen worden. Damit ist der Nachlassbestand online zugänglich und bietet die Möglichkeit im Nachlass zu recherchieren und die recherchierten Unterlagen im Lesesaal Sammlungen der Bibliothek zu nutzen. Darüber hinaus besteht ein Spezialverzeichnis des Nachlasses, welches ebenfalls als Findbuch genutzt werden kann und in physischer und digitaler Form vorliegt. Wie andere Personenarchive auch, ist der Nachlass in persönliche Unterlagen (hierunter zählen Dokumente zur Biografie, Ehrungen, Unterlagen zur Familiengeschichte oder Fotografien), in Unterlagen zur beruflichen Tätigkeit (wie Manuskripte und Typoskripte oder Veröffentlichungen), in Korrespondenz (chronologisch und nach Verfassern geordnet) sowie Sammelstücke wie Publikationen geordnet.[1]

Anhand dieser Unterlagen kann man Leben und Wirken Fritz Löfflers nachvollziehen und rekonstruieren. So finden sich zahlreiche Unterlagen zur denkmalpflegerischen Tätigkeit Löfflers und auch zur Genese seines erstmals 1955 erschienenen Buches Das alte Dresden. Die archivierten Korrekturexemplare zur zweiten Auflage zeigen beispielsweise, wie sich Löffler auch nach der Erstveröffentlichung weiter mit dem Thema auseinandersetzte. Aus seinen Arbeitsverträgen kann man ersehen, welchen Tätigkeiten Löffler im Rahmen der Denkmalpflege nachgegangen ist. So beschreibt der Werkvertrag (Abb. 2) mit dem Landesamt für Denkmalpflege aus dem Jahr 1951 neben dem Umfang auch Inhalte seiner Tätigkeit. Vom 16. Juli bis 15. November 1951 befasste er sich mit den Inventarlisten der Bau- und Kunstdenkmale und konnte hier seine umfangreichen Kenntnisse über die Bauwerke Dresdens einbringen, die er später auch in seinem Buch Das alte Dresden veröffentlichte.

Abb. 2: Werkvertrag zwischen dem Landesamt für Volkskunde und Denkmalpflege und Fritz Löffler vom 16. Juli 1951 (SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App.2535,22)

Löfflers Engagement in der Denkmalpflege über seine berufliche Tätigkeit hinaus zeigt sich anhand anderer Dokumente, wie einem Redemanuskript zur Stadtverordnetenversammlung im Mai 1968 (Abb. 3), in dem er sich vehement gegen den Abbruch des Denkmales des sächsischen König Johanns vor der Semperoper ausspricht.[2] Gleichzeitig beklagt er den Abriss des Hotel Bellevue: „Der Theaterplatz ist bereits durch den Abbruch des Hotel Bellevue schwer beeinträchtigt worden. Obwohl die gesamt im Keller untergebrachte Hotellerie die Katastrophe von 1945 überstanden hatte, wurde der Bau trotz aller Proteste abgebrochen. Damit verlor Dresden nicht nur ein weltberühmtes Hotel […] sondern beklagte auch den Verlust einer der reizvollsten Bauten vom Anfang des 19. Jahrhunderts […]“[3]

Abb. 3: Fritz Löfflers Redemanuskript zur Stadtverordnetensitzung über Kultur vom 14./20. Mai 1968 (SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App.2535,7880)

Neben Unterlagen zur Denkmalpflege finden sich auch zahlreiche Dokumente, welche Löfflers Engagement bei der Vermittlung der bildenden Kunst und der Förderung von Künstlerinnen und Künstlern belegen. Bereits 1946 wirkte er bei der Durchführung der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden mit – eine der ersten Ausstellungen nach dem Ende des Nationalsozialismus, auf der viele Werke von Künstlern ausgestellt wurden, die im NS als „entartet“ galten. Bei der zweiten Deutschen Kunstausstellung, die wiederum in Dresden stattfand, arbeitete Löffler ebenfalls bei der Organisation mit (Abb. 4).

Abb. 4: Vereinbarung zwischen der Stadt Dresden und Fritz Löffler über freie Mitarbeit zur 2. Deutschen Kunstausstellung vom 28. Juli 1949 (SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App.2535,20)

Im Rahmen dieser Kunstförderung baute sich Löffler ein großes Netzwerk zu Künstlerinnen und Künstlern auf, welches durch die umfangreiche Korrespondenz in seinem schriftlichen Nachlass belegt wird. So finden wir Briefe und Karten von Verfassern wie: Karl-Heinz Adler und Elisabeth Ahnert, Wolfgang Balzer, Ursula Baring, Conrad Felixmüller, Hermann Glöckner und Herta Günther, Angela Hampel, Ernst Hassebrauk, Josef Hegenbarth und Jochen Heuer, Karl Kröner, Gerda Lepke, Manfred Luther und Hermann Naumann, Theodor Rosenhauer, Fritz Tröger und Albert Wigand, um nur einige zu nennen. Sein Engagement in diesem Bereich war vielfältig. So hielt Löffler Reden zu Ausstellungeröffnungen, veröffentlichte Beiträge zu den Künstlern oder vermittelte zu Galerien. Ein Beispiel ist die Verbindung zum Dresdner Künstler Ernst Hassebrauk, für den Löffler auch Texte zu den Sehenswürdigkeiten Dresdens in dessen Dresdner Bilderbuch schrieb. Zu dieser Publikation befindet sich ein Skizzenbuch im Nachlass von Ernst Hassebrauk, der ebenfalls in der SLUB bewahrt wird (Mscr.Dresd.App.2534,400).

Löfflers Verbundenheit mit den Künstlern seiner Zeit dokumentieren auch die insgesamt über 500 Künstlerkarten im Nachlass, die neben den über 600 Briefen von Dresdner Künstlerinnen und Künstlern sein umfassendes Netzwerk belegen. Eine besondere Verbindung bestand zu Otto Dix, über den Löffler viel veröffentlichte und sich auch um dessen Korrespondenzen mit Institutionen kümmerte. In einem Schreiben von Dix an den Magistrat von Berlin beispielsweise bittet er diesen, die Angelegenheit bezüglich des an die Nationalgalerie übergebenen Gemäldes „Die Auferstehung“ über Fritz Löffler zu regeln (Abb. 5).

Abb. 5: Brief von Otto Dix an den Magistrat von Groß-Berlin vom 8. Juni 1954 (SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App.2535,211)

Im Nachlass befinden sich aber nicht nur Briefe von Dix an Löffler, sondern auch ein umfangreicher Bestand an Manuskripten zum Maler, über den der Kunsthistoriker eine Monografie veröffentlichte. Um diese Verbindung fortzuführen konnte die SLUB unlängst Briefe und eine Postkarte erwerben, die Dix zwischen 1915 und 1918 von seinem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg an eine Dresdner Freundin schrieb (Abb. 6). Dabei handelte es sich um Helene Jakob, eine Tochter des Hausverwalters der Dresdner Kunstgewerbeschule, die Dix mit Zeichenmaterial, Lebensmitteln und Büchern versorgte.

Abb. 6: Feldpostbriefe von Otto Dix (SLUB Dresden, Mscr.Dresd.Aut.3035)

Betrachtet man das Netzwerk Löfflers zu Künstlerinnen und Künstlern zu Lebzeiten, freut es uns als Bibliothek und nachlasshaltende Institution, dass wir dieses Netzwerk weiterführen können und nicht nur relevante Autographe, sondern auch Nachlässe zur bildenden Kunst sammeln. So finden sich viele von Fritz Löffler geförderte Künstler nicht nur in dessen Korrespondenzen, sondern darüber hinaus mit ihren Vorlässen, Sammlungen oder Nachlässen im Magazin der Bibliothek. Beispielsweise bewahrt die SLUB, neben den bereits genannten, die schriftlichen Nachlässe von Joachim Heuer, Karl Kröner, Albert Wigand, Theodor Rosenhauer, Manfred Luther oder auch den Vorlass von Gerda Lepke, um nur einige zu nennen.

In Anknüpfung an die Rolle als Zentrale Fachbibliothek für Bildende Kunst wird bis heute möglichst umfassend Literatur zur Kunst und Kunstgeschichte mit Fokus auf die neuere und zeitgenössische Kunst ab 1945 erworben. Zudem betreibt die SLUB gemeinsam mit der Universitätsbibliothek Heidelberg mit dem Portal arthistoricum.net die zentrale digitale Plattform für Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft im deutschsprachigen Raum.

Ganz im Sinne der wissenschaftlichen Tätigkeit Fritz Löfflers bietet die Institution, die seinen Nachlass bewahrt, der Forschung und der Lehre in den betroffenen Disziplinen so ein umfangreiches Betätigungsfeld.


Autor

Thomas Stern studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Medienwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Als Referatsleiter Handschriften und Seltene Drucke der SLUB Dresden liegen seine fachlichen Schwerpunkte bei Personen-, Familien- und Körperschaftsarchiven, der Stammbuchsammlung, frühneuzeitlichen und neuzeitlichen Autographen sowie dem Deutschen Archiv der Kulinarik.

Publikationen von Thomas Stern in der Sächsischen Bibliografie


[1] Vgl. Ressourcenerschließung mit Normdaten in Bibliotheken und Archiven, https://www.dnb.de/DE/Professionell/Standardisierung/Standards/_content/rnab.html (10.03.2025)

[2] Fritz Löffler: Redemanuskript zur Stadtverordnetensitzung über Kultur vom 2. Mai 1968, 14./20.5.1968, SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App2535,7880.

[3] Ebd.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
GastautorIn (6. Mai 2025). Der schriftliche Nachlass Fritz Löfflers: Netzwerke der Bildenden Kunst. Saxorum. Abgerufen am 22. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/13v7l


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